Kosten schießen in  die Höhe – Kann der Unternehmer sie an Kunden oder Partner „weitergeben“? Was muss der Gast hinnehmen?

Prof. Dr. Harald Bartl

Die Auswirkungen der Coronakrise sind noch nicht überwunden, da treffen die Unternehmen erhebliche Mehrkosten (z. B. in der Hotellerie bis zu 30 %). Sind die Unternehmer machtlos? Kann der Unternehmer einseitig höhere Preise verlangen? Das wird täglich diskutiert. Die Existenz ist bedroht.

Übersicht

Vertragsgestaltung bzw. Änderungen  vor Vertragsschluss

·         „Echte“ individuell ausgehandelte Preisvorbehalte bzw. – rechte im Vertrag

·         Preisänderungen vor Vertragsschluss (ohne Verstoß gegen UWG - unlautere Werbung durch „alte“ Preise)

·        Einvernehmliche Änderung durch beide Teile nach § 305 I BGB

Rechtsverkehr mit „Verbrauchern“ (§ 13 BGB)

Pauschalreisende  - Veranstalter

§§ 651 f I, 651g BGB – Art. 250 § 10 EGBGB

Gast – Hotel, Gastwirt, Beförderung

§§ 537 f BGB (Hotel), §§ 650, 433 BGB (Gastronomie), §§ 631 f BGB (Events etc.)

Einbezogene und wirksame Preisänderungsklausel des  Veranstalters

Preiserhöhung bis 8 % durch Veranstalter

  • nach Vertragsschluss ohne Viermonatsfrist
  • nur vier Preiserhöhungsgründe
  • Information spätestens 20 Tage vor Reisebeginn
  • Preissenkungspflicht

Preiserhöhung über 8 % nur durch Reisenden

  • nach Vertragsschluss ohne Viermonatsfrist
  • nur vier Preiserhöhungsgründe
  • Information spätestens 20 Tage vor Reisebeginn
  • Preissenkungspflicht

Einbezogene und wirksame Preisänderungsklausel für Hotels, Gastwirte, Eventveranstalter, Airlines  etc. nach §§ 309 Nr. 1, 307 BGB

Preiserhöhung bis 10 % (?)

  • Viermonatsfrist nach § 309 I BGB
  • Erhöhungsobergrenze 10 % (?)
  • Informationsfrist bzw. vor Ankunft und Gründe (Gesamtkostenerhöhung konkret)

oder

  • Rücktrittsrecht des Gastes bei Preiserhöhung um mehr als 10 % oder Akzeptieren der Änderung durch Gast
  • Preissenkungspflicht

 

B2B – Unternehmer mit Unternehmern/Kaufleuten (§§ 14 BGB, 1 f HGB)

z. B. Veranstalter – „Leistungsträger“ - §§ 537 f BGB (Hotel), §§ 650, 433 BGB (Gastwirt), §§ 631 f BGB (Beförderung, Events etc.)

  • Zwar keine „Viermonatsfrist“ nach § 309 Nr. 1 BGB – aber §§ 310, 307 („Angemessenheit“ der Klausel) – Einbeziehung in den Vertrag und Wirksamkeit
  • Sonderproblem z. B.: „frühzeitiger“ Hotelreservierungsvertrag mit Stornorecht des Veranstalters

Klausel für Preisänderung bis 10 %

  • erst zwei (drei, ein?) Monate nach Vertragsschluss („Schonfrist“)
  • unverzügliche Information nach Eintritt der Preiserhöhung
  • Erhöhungsobergrenze 10 %
  • Angabe der konkreten und transparenten Kostenerhöhungsgründe

Preisänderung über 10 %

·        Rücktritt oder Akzeptanz der Preiserhöhung durch Partner

·        Preissenkungspflicht

 

 

 

·        Grundsätze

Vor Vertragsschluss darf der Unternehmer seine Preise jederzeit anheben. Der neue Preis ist in die aktuelle Werbung etc. aufzunehmen (keine Werbung  mit „alten“ Preisen – kostspielige Abmahnung nach dem UWG).

Nach Vertragsschluss kann eine Änderung grundsätzlich nur einvernehmlich mit dem anderen Vertragspartner vereinbart werden. So steht es in § 311 I BGB.

 

·        Nachträgliche Preisänderung durch AGB bzw. Allgemeine Reisebedingungen (ARB)

AGB müssen in den Vertrag „einbezogen“ werden (ausdrücklicher Hinweis, Kenntnisnahmemöglichkeit, Einverständnis des Reisenden – vgl. § 305 II BGB). Sonst sind sie nicht Vertragsinhalt. Die Klauseln müssen wirksam sein. Hier sind die Verbote der §§ 308, 309 BGB für den Verbraucherbereich zu beachten. Das gilt z B. für alle Verträge (Hotel, Gastwirt, Events, Beförderer). Für die Pauschalreise sind in §§ 651f, g BGB Sonderregelungen u. a. für Preiserhöhungsklauseln enthalten.

 

·        Pauschalreisevertrag

·        Preiserhöhung bis 8 %

Bei Pauschalreisen kommen einseitige Preiserhöhungen durch den Veranstalter nach § 651 I BGB  bis 8 % in  Betracht - vorgesetzt dass die ARB-Klauseln in den Vertrag „einbezogen“ sind (s. o. § 305 II BGB) und eine wirksame Klausel mit Preiserhöhung und Preissenkung vorgesehen ist – sonst ist die Klausel unwirksam (vgl. §§ 651f IV, 651y BGB). Auch sind Preiserhöhungen bis 8 % nur wirksam, wenn sich  Beförderungskosten, Steuern, sonstige „Abgaben“ oder Wechselkurse erhöht haben und im Übrigen der Reisende über die Erhöhungsgründe spätestens bis 20 Tage vor Reisebeginn unterrichtet wird.

Die Klausel bringt für den Veranstalter angesichts kurzfristiger Buchungen im Regelfall wenig. Natürlich können einvernehmlich immer Verträge individuell angepasst werden (vgl. § 311 I BGB). Angesichts eigener gestiegener Kosten wird der Reisende der Erhöhung nicht zustimmen.

·        Preisanstieg mehr als 8 %

Der Veranstalter kann in diesem Fall dem Reisenden nach § 651g I BGB bei der Erhöhung über 8 % ein Angebot unterbreiten, das der Reisende innerhalb angemessener Frist annehmen oder vom Vertrag zurücktreten kann. Der Veranstalter könnte deshalb auf die Idee kommen, mehr als 8 % zu verlangen, um die Annahme des Reisenden, der vielfach zeitlich gebunden ist, zu erreichen, obwohl die Preiserhöhung von 8 % nicht erreicht ist. Abgesehen davon, dass das wegen des möglichen Rücktritts riskant ist, dürfte ein solches Vorgehen auch gegen Treu und Glauben verstoßen (§ 242 BGB). Warum s0ollte ein Veranstalter, der das Recht zur einseitigen Preiserhöhung bis 8 % hat, so unsinnig vorgehen und sich ins eigene Fleisch schneiden.

 

 

·        Sonstige Verträge mit Endverbrauchern im Tourismus mit viermonatiger „Preisruhe“ in AGB

 

Gast – Hotel, Gastwirt, Beförderung

 

§§ 537 f BGB (Hotel), §§ 650, 433 BGB (Gastronomie), §§ 631 f BGB (Events etc.). Hier können unter AGB-Gesichtspunkten die wesentlichen Verträge zusammen behandelt werden (Hotel, Gastwirt, Eventveranstalter, Beförderer etc.); denn für diese Verträge sind anders als bei Pauschalreiseverträgen die Verbote der §§ 308, insbesondere 309 I BGB (Viermonatsfrist!) sowie das Verbot der „Unangemessenheit“ nach § 307 BGB maßgeblich.

 

·        Erhöhung durch „Preisklausel“ wegen gestiegener Kosten?

 

o   „Vier-Monatsfrist“: meist eine unüberwindbare Hürde

 

Preiserhöhungen mit Endverbrauchern sind nur im Rahmen der §§ 309 Nr. 1, 307 BGB wirksam. Die „viermonatige Preisruhe“ nach Vertragsschluss muss in der Klausel enthalten sein. Wegen des immer kurzfristigeren Buchungsverhaltens findet sich nicht nur in der Hotellerie-AGB regelmäßig keine entsprechende Klausel. Ohne  Vier-Monats-Frist ist die Klausel nach § 309 Nr. 1 BGB ist die Klausel unwirksam und kann die Erhöhung nicht begründen.

 

o   Pflicht zu Transparenz und Angemessenheit

 

Abgesehen von der viermonatigen „Preisruhe“ ist eine Klausel nach § 307 BGB („Angemessenheit) nur wirksam, soweit sie transparent und nachvollziehbar die Basis der Kostenerhöhung und zusätzlich eine Obergrenze enthält.

 

o   Beispiel

 

Die folgende Fassung zeigt exemplarisch, welche Hürden in der Preisänderungsklausel enthalten sein müssten:

 

AGB-Hotel

 

Der Gast ist verpflichtet, den vereinbarten Preis zu zahlen. Ist keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gelten die Preise des Gastgebers, über die der Gast spätestens bei Ankunft informiert wird.

 

Vier Monate nach Vertragsschluss kann der Gastgeber den Preis bis zu höchstens 10 % erhöhen, sofern sich seine Gesamtkosten (u. a. Energie, Wasser, Einkauf, Personal) nachvollziehbar erhöht haben. Der Gast ist hierüber spätestens bei Ankunft zu informieren. Erhöht sich der Preis um  mehr als 10 %, kann der Gast zurücktreten oder die mitgeteilte Preiserhöhung akzeptieren. Preissenkungen werden wir berücksichtigen.

o   Auswegmöglichkeiten?

 

Dem Gast sollte der erhöhte Preis individuell bei Ankunft mitgeteilt werden – unter Hinweis auf die allgemein bekannte besondere Situation in Hotellerie, Gastronomie etc. Willigt der Gast nicht ein, so sollte es beim Vereinbarten bleiben; denn der Gast wird bei entsprechender Kenntnis „unter Vorbehalt“ zahlen, um das Zimmer zu erhalten und den Mehrpreis später möglicherweise mit Recht  zurückfordern. Unbenommen ist in allen Fällen die Preisanhebung vor Vertragsschluss, wenn das durchsetzbar ist.

 

     

 

 

·        B2Verträge z. B. zwischen Veranstalter und Partner (Hotel etc.)

 

Verträge mit

 

Bei Verträgen zwischen Veranstaltern und z. B. Hotels ist eine einseitige Preiserhöhung nicht zulässig (auch hier nur einvernehmliche Änderung - § 305 I BGB).

 

Klauseln in  AGB unterliegen der sog. Inhaltskotrolle nach § 307 BGB. Erhöhungen setzen eine wirksame Preiserhöhungsklausel in den „einbezogenen“ AGB voraus. Preisänderungsklauseln dürfen hier wenigstens ohne die „Vier-Monatsfrist“ („Preisbeton“) abgefasst werden, müssen aber nach § 307 BGB (Angemessenheit!) die Kostengründe transparent sowie wohl eine nachvollziehbare Obergrenze enthalten. Der Partner (z. B. Hotel) des Busunternehmers könnte folglich in seine AGB eine Preiserhöhungsklausel aufnehmen (z. B. in einen „Hotelreservierungsvertrag“ mit Stornomöglichkeit). Der Einkauf der Kontingente wird nach wie vor teils Monate vor Gruppenankunft abgeschlossen. Ob eine „Zeitsperre“ (zwei Monate?) hier überhaupt geboten und erforderlich ist, dürfte streitig sein. Hotels dürften die Schranke regelmäßig ablehnen.

 

·        Die Klausel in den ARB-Hotelreservierungsvertrag könnte für das B2B-Geschäft lauten:

 

„Preisänderung

 

Der Partner ist verpflichtet, den vereinbarten Preis zu zahlen. Ist keine ausdrückliche Vereinbarung getroffen, gelten unsere Preise, über die der Partner spätestens bei Ankunft informiert wird.

 

Wir sind als Hotel berechtigt, unsere Preise bis zu höchstens 10 % (frühestens zwei Monate?) nach Vertragsschluss zu erhöhen, sofern sich unsere Gesamtkosten (u. a. Energie, Wasser, Einkauf, Personal) nachvollziehbar erhöht haben. Der Partner ist hierüber unverzüglich, spätestens bei Ankunft zu informieren. Erhöhen sich unsere Gesamtkosten um mehr als 10 %, so kann der Partner vom Vertrag zurücktreten. Senken wir unsere Gesamtkosten um mehr als 10 %, so sind wir bereit über entsprechende Preissenkungen zu verhandeln.“

·        Was tun als Unternehmer?

 

Reiseveranstaltern etc. sind bekanntlich Stornorechte einzuräumen. Das macht die Klausel auch im Verhältnis unter Unternehmen wenig praxisrelevant.

 

Einvernehmliche Preiserhöhungen sind wohl der richtige und vernünftige Ausweg, wobei zu beachten ist, dass der Veranstalter gegenüber den Pauschalreisenden (s.o.) weitestgehend gebunden ist (vor allem durch den viermonatigen „Preisbeton“).

 

·        Wohl kein Wegfall der Geschäftsgrundlage und Vertragsanpassung

 

Ein Wegfall der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB wird zwar diskutiert, greift aber als Ausnahmevorschrift hier derzeit nicht ein. Auch unter diesem Aspekt wird eine einvernehmliche Vertragsanpassung empfohlen, zu der die Partner allerdings nicht verpflichtet sind.

 

     

 

 

Auszug BGB

BGB § 309 Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit

Auch soweit eine Abweichung von den gesetzlichen Vorschriften zulässig ist, ist in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam

1. (Kurzfristige Preiserhöhungen)

eine Bestimmung, welche die Erhöhung des Entgelts für Waren oder Leistungen vorsieht, die innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss geliefert oder erbracht werden sollen; dies gilt nicht bei Waren oder Leistungen, die im Rahmen von Dauerschuldverhältnissen geliefert oder erbracht werden;

 

 

Übersicht

Vertragsgestaltung bzw. Änderungen  vor Vertragsschluss

·         „Echte“ individuell ausgehandelte Preisvorbehalte bzw. – rechte im Vertrag

·         Preisänderungen vor Vertragsschluss (ohne Verstoß gegen UWG - unlautere Werbung durch „alte“ Preise)

·        Einvernehmliche Änderung durch beide Teile nach § 305 I BGB

Rechtsverkehr mit „Verbrauchern“ (§ 13 BGB)

Pauschalreisende  - Veranstalter

§§ 651 f I, 651g BGB – Art. 250 § 10 EGBGB

Gast – Hotel, Gastwirt, Beförderung

§§ 537 f BGB (Hotel), §§ 650, 433 BGB (Gastronomie), §§ 631 f BGB (Events etc.)

Einbezogene und wirksame Preisänderungsklausel des  Veranstalters

Preiserhöhung bis 8 % durch Veranstalter

  • nach Vertragsschluss ohne Viermonatsfrist
  • nur vier Preiserhöhungsgründe
  • Information spätestens 20 Tage vor Reisebeginn
  • Preissenkungspflicht

Preiserhöhung über 8 % nur durch Reisenden

  • nach Vertragsschluss ohne Viermonatsfrist
  • nur vier Preiserhöhungsgründe
  • Information spätestens 20 Tage vor Reisebeginn
  • Preissenkungspflicht

Einbezogene und wirksame Preisänderungsklausel für Hotels, Gastwirte, Eventveranstalter, Airlines  etc. nach §§ 309 Nr. 1, 307 BGB

Preiserhöhung bis 10 % (?)

  • Viermonatsfrist nach § 309 I BGB
  • Erhöhungsobergrenze 10 % (?)
  • Informationsfrist bzw. vor Ankunft und Gründe (Gesamtkostenerhöhung konkret)

oder

  • Rücktrittsrecht des Gastes bei Preiserhöhung um mehr als 10 % oder Akzeptieren der Änderung durch Gast
  • Preissenkungspflicht

 

B2B – Unternehmer mit Unternehmern/Kaufleuten (§§ 14 BGB, 1 f HGB)

z. B. Veranstalter – „Leistungsträger“ - §§ 537 f BGB (Hotel), §§ 650, 433 BGB (Gastwirt), §§ 631 f BGB (Beförderung, Events etc.)

  • Zwar keine „Viermonatsfrist“ nach § 309 Nr. 1 BGB – aber §§ 310, 307 („Angemessenheit“ der Klausel) – Einbeziehung in den Vertrag und Wirksamkeit
  • Sonderproblem z. B.: „frühzeitiger“ Hotelreservierungsvertrag mit Stornorecht des Veranstalters

Klausel für Preisänderung bis 10 %

  • erst zwei (drei, ein?) Monate nach Vertragsschluss („Schonfrist“)
  • unverzügliche Information nach Eintritt der Preiserhöhung
  • Erhöhungsobergrenze 10 %
  • Angabe der konkreten und transparenten Kostenerhöhungsgründe

Preisänderung über 10 %

·        Rücktritt oder Akzeptanz der Preiserhöhung durch Partner

·        Preissenkungspflicht